Was ist der Mittellandkanal?

Der Mittellandkanal(kurz MLK) ist der längste Kanal in Deutschland und eine wichtige Verbindung zwischen Ost und West.
Als Teil des Kanalnetzes verbindet er das Ruhrgebiet und den Rhein (über den Rhein-Herne-Kanal(RHK), Wesel-Datteln-Kanal(WDK) und Dortmund-Ems-Kanal(DEK)) mit den östlichen Bundesländern und der Hauptstadt Berlin (über Elbe-Havel-Kanal und Havel). Er verbindet die Flüsse Weser, Elbe und über die Havel-Oder-Wasserstrasse auch die Oder.
Aus dem Westen kommen Schiffe aus den Niederlanden, Belgien, Frankreich und der Schweiz auf den MLK, aus dem Osten befahren Schiffe unter polnischer oder tschechischer Flagge diese wichtige Bundeswasserstraße.

Fahrt im Kanal

Fahrt im Kanal

Als jemand, der nicht in der Nähe von einem Kanal aufgewachsen ist, konnte ich mir früher nicht viel darunter vorstellen. Man lernt sehr wenig über diese sehr wichtigen Bauwerke Deutschlands in der Schule. Erst als ich in die Binnenschifffahrt kam, sah ich das erste Mal einen schiffbaren Kanal. Über die Kanalschifffahrt habe ich schon einmal einen Beitrag geschrieben, den man hier nachlesen kann.

Daten und Fakten zum MLK

Der Mittellandkanal ist rund 325 Kilometer lang. Er beginnt als Abzweigung aus dem Dortmund-Ems-Kanal bei Bergeshövede.
Hier ist Kilometer 0 des MLK. Er endet hinter der Schleuse Hohenwarthe, wo er in den Elbe-Havel-Kanal übergeht. Die Kilometrierung des MLK wird auf dem Elbe-Havel-Kanal fortgesetzt. Man fährt also zu Berg, wenn man Richtung Berlin fährt und zu Tal, wenn man Richtung Bergeshövede fährt.

Der Bau des Kanals wurde 1906 begonnen. 1942 war die Kanalstrecke, bis auf die Überführung über die Elbe, fertiggestellt.
Das Wasserstraßenkreuz bei Magdeburg sowie die Schleuse Hohenwarthe wurden 2003 fertiggestellt. Seit dem ist der MLK durchgehend befahrbar. Der MLK und seine Bauwerke werden ständig ausgebaut und erweitert, damit auch längere Schiffe diesen Kanal gut befahren können.

Als der Kanal gebaut wurde, gab es noch die Schleppschifffahrt, die mittlerweile vollständig durch Selbstfahrer und die Schubschifffahrt abgelöst wurde.
Aber dank der Schleppschifffahrt wurden die Schleusen im MLK damals schon in Dimensionen geplant und gebaut, die der heutigen Schifffahrt genügen. Es gibt insgesamt 3 Schleusen auf dem Mittellandkanal selbst. Das sind die Schleuse Anderten (auch als Hindenburgschleuse bekannt) mit einer Länge von 174 Metern, die Schleuse Sülfeld mit 236 Metern und die Schleuse Hohenwarthe mit 190 Metern. Alle Schleusen sind mindestens 12 Meter breit.
Die Brückenhöhe im MLK liegt bei 5,25 Metern. Es gibt laut Wikipedia 314 Straßen- bzw. Fusswegbrücken und 45 Eisenbahnbrücken. Es gibt 9 Sperrtore, welche heruntergelassen werden können, falls es zu einem Loch im Kanal kommen sollte, damit dann nicht der ganze Kanal leer läuft.

In den Stichkanälen und Abstiegen zur Weser und zur Elbe sind natürlich weitere Schleusen. Diese haben nicht unbedingt dieselben Dimensionen wie die Schleusen auf dem MLK selbst. So war es vor der Eröffnung der neuen Weserschleuse in Minden für Schiff über 100 Meter nicht möglich vom MLK auf die Weser zu gelangen.
Es gibt 3 Stichkanäle die vom MLK abzweigen, die bedeutend für die Schifffahrt sind. Das sind der Stichkanal nach Salzgitter, der Stichkanal nach Hildesheim und der Stichkanal nach Osnabrück.

Besondere Bauwerke des MLK sind die beiden Wasserstraßenkreuze.

Bei dem Wasserstraßenkreuz Minden wird der MLK mittels zweier Trogbrücken über die Weser geführt.
Man kann dieses Wasserstraßenkreuz sehr schön bei einem Spaziergang erkunden. Es ist auf jeden Fall einen Besuch wert, genauso wie die Stadt Minden selbst.
Die alte Schachtschleuse in Minden hat eine Länge von 85 Metern. Die erst 2017 eröffnete neue Weserschleuse bringt Schiffe über 85 Meter auf die Weser hinab. Ein wichtiges Bauwerk, um Güter vom Jade-Weser-Port ins Inland zu schaffen. Vielleicht wäre der Jade-Weser-Port nicht so ein Flop gewesen, wenn man sich vorher um den Transport der Güter ins Inland gekümmert hätte. Aber das wäre ein Thema für einen eigenen Beitrag.

Der MLK wird in einer Trogbrücke über das Wesertal geführt bei Minden.

Der MLK wird in einer Trogbrücke über das Wesertal geführt bei Minden.

Das Wasserstraßenkreuz Magdeburg befindet sich im Ortsteil Hohenarthe. Dort überquert der Mittellandkanal die Elbe. Direkt hinter der Überführung über das Elbtal ist die Schleuse Hohenwarthe. Auch dies sind imposante und sehenswerte Bauwerke, die kaum ein Mensch in Deutschland kennt. Zu dem Wasserstraßenkreuz gehören auch das Schiffshebewerk Rothensee und die Sparschleuse Rothensee, über die man mit dem Schiff vom MLK auf die Elbe hinab gelangt.

Das Wasser für den MLK wird aus den Flüssen Elbe und Weser herauf gepumpt. Es muss ständig Wasser nachgepumpt werden, da durch die Schleusenvorgänge und durch Verdunstung Wasser verloren geht. Auch Landwirte holen sich Wasser für ihre Felder aus dem Kanal. Damit der Weserpegel durch die Wasserentnahme für den MLK in Minden nicht zu sehr sinkt, wurde die Edertalsperre errichtet. Durch den geregelten Zufluss aus dem Edersee lässt sich der Pegel der Weser halten, trotz der Wasserentnahme für den Mittellandkanal. Der Edersee ist also ein Teil des Systems, welches den MLK mit Wasser versorgt.

Wie ist es mit dem Schiff den MLK zu befahren?

Der MLK ist ein typischer Kanal mit Spundwänden oder Böschungen als Ufer. Die Spundwände werden eher im Hafenbereichen verwendet. Sie werden mehr und mehr durch Böschungen ersetzt, da bei Spundwänden ins Wasser gefallene Tiere nicht mehr heraus kommen.
Der Kanal ist im Gegensatz zu einem Fluss recht schmal. Oft passen gerade so zwei Schiffe nebeneinander vorbei. Wenden des Schiffes ist nur an dafür vorgesehenen Wendestellen möglich.
Im Verlauf des MLK gibt es viele Liegestellen und kleinere Häfen. Die Fahrt im Kanal ist langsam. Die Höchstgeschwindigkeit liegt je nach Abladetiefe des Schiffes und Ausbau des Kanals zwischen 8 und 12 km/h. Dazu kommen noch die vielen Umschlagstellen, Liegestellen und Sportboothäfen, wegen denen man die Fahrt verlangsamen muss, um Sog und Wellenschlag zu vermeiden. Die sehr gerade Strecke mit wenig Abwechslung ist etwas monoton, wenn man die Flussschifffahrt gewohnt ist.

Bei leerem Schiff müssen die Ballasttanks mit Ballastwasser gefüllt werden, damit das Schiff unter den Brücken und Sperrtoren hindurchpasst. Masten und Schornsteine müssen abgebaut oder umgelegt werden. Beim Arbeiten an Deck muss man etwas aufpassen, der ein oder andere hat schon festgestellt das eine Brücke ganz schön hart ist. Auch einige Steuerhäuser mussten schon erneuert werden, da das Alte an einer Brücke hängen geblieben ist.
Auf den meisten Schiffen kann das Steuerhaus hoch und runter gefahren werden. Dies ist besonders bei der Kanalfahrt wichtig. Normalerweise behält man das Steuerhaus so weit oben, das man einen guten Blick nach vorne hat, bei einer niedrigen Brücke muss man dieses aber rechtzeitig herunterfahren, teilweise so weit, dass man kaum noch Sicht hat. Es gibt eine Luke im Dach vom Steuerhaus, durch die man dann noch mit dem Kopf herausschauen kann, um die Lage besser einschätzen zu können.
An der Verladestelle angekommen, muss das Ballastwasser wieder aus dem Schiff gepumpt werden. Erst wenn alles Wasser draußen ist, kann die Eiche vom Eichmeister gemessen werden und die Beladung beginnen.

Ein Schiff zu drehen auf dem MLK ist etwas für Könner. Stellenweise ist der Kanal nur 50 Meter breit, mit einem 105 Meter langen Schiff muss man da schon einen Wendeplatz finden. Selbst dort ist nicht viel Platz, so das beim Wendevorgang ein Besatzungsmitlied am Bug und einer am Heck stehen sollte und über Funk dem Schiffsführer sagen muss, wie viele Meter Platz man hat.

Die Hafenanlagen im Kanal arbeiten meist nicht 24 Stunden. Dadurch bekommt man hier zumindest mal Nachtruhe und auch die Wochenenden sind relativ ruhig.
Wobei nicht alle Betreiber von Häfen damit rechnen, das die Binnenschiffer nach Feierabend eventuell auch mal von Bord wollen, sei es um einkaufen zu gehen oder um mit dem Hund spazieren zu gehen. Das Gelände wird einfach abgeschlossen.
So bleibt einem nichts anderes übrig, als über Zäune zu klettern oder den Bahnschienen zu folgen, um Einkaufen zu gehen und wieder zum Schiff zu kommen. Es gibt immer einen Weg. Als Binnenschiffer könnte man auch super eine Karriere als Einbrecher starten, denke ich manchmal.
Einfach nur deswegen, weil wir oft vergessen werden.


Mit diesen Worten schließe ich diesen Artikel ab, denn sie stehen für viele Probleme der Binnenschifffahrt in Deutschland.
Wir werden vergessen.
Von der Bevölkerung Deutschlands, die auf uns angewiesen ist,
vom Staat, dessen Wirtschaft ohne uns zusammenbrechen würde,
von den Städten, die durch uns reich geworden sind.
Wir werden verteufelt und verbannt, gerade zu sehen in Köln und Mainz.
Aber das ist Thema eines weiteren Artikels, den ich schon seit einiger Zeit schreiben wollte...

Ich schreibe in meinem Blog gegen das Vergessen an.
Die Binnenschifferin

Veröffentlicht am 10.10.2019 | Stichwörter: Kanal, Wasserstraßenkunde | Teile den Beitrag: